Der Service-Desk hat laut ITIL die Funktion des Erfassens, Klassifizierens und Weiterleiten von Incidents und Service Requests. Er dient als Single Point of Contact (SPOC) für die Anwendenden und den Betreiber von Services. Der Service-Desk kann aus einer Vielzahl von Eingangskanälen bestehen (Telefon, E-Mail, Ticketsystem, Vor-Ort-Counter etc.). Er hat nicht die Aufgabe, hochspezialisierte Fragen zu beantworten, sondern einen guten Überblick der Geschäftsprozesse zu schaffen, damit die Fragen an die richtige Stelle weitergeleitet werden. Im Rahmen der EfA-Mindestanforderungen an den Betrieb wurde die Rolle des Service Desks wie bereits beschrieben der Behördennummer 115 zugewiesen.
Neben den bereits angesprochenen Herausforderungen in Bezug auf XZuFi und ein einheitliches Ticketsystem gehe ich hier noch einmal auf die Auswirkungen eines länderübergreifenden Service-Desks ein. Es herrscht bisher kaum Erfahrung zur Arbeit der 115 in Bezug auf OZG-Leistungen, bisher wird der Support für Nutzende durch einzelne Verfahren abgedeckt. Der Vorteil eines Online-Dienst-übergreifenden Service-Desks sind unter anderem eine einheitliche Sprache und eine einheitliche Qualität.
Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der OZG-Umsetzung auch vermehrt Supportanfragen eingehen. Dem will die 115 unter anderem mit der Multikanalstrategie entgegenwirken. Auch das ITIL-Framework befürwortet eine zunehmende Automatisierung von Prozessen. Neben dem bestehenden Telefonservice sind Kommunikationskanäle wie eine Lotsenfunktion, ein Chatbot und ein Sprachdialogsystem bereits in der Testphase. Die Lotsenfunktion soll Bürgerinnen und Bürger durch das Angebot der Verwaltung führen und bei der Auffindbarkeit sowie der Bedienbarkeit der Online-Dienste helfen. Einfache technische und Online-Dienst-bezogene Fragen (Kosten, Dauer etc.) soll der Lotse beantworten können. Der Chatbot ist bereits in Leipzig, Hamburg und Karlsruhe als Pilotkommunen erprobt. Er bietet insbesondere durch seine 24/7-Erreichbarkeit eine Verbesserung zur aktuellen Verfügbarkeit montags bis freitags von 8 Uhr bis 18 Uhr.[2] Mit dem Sprachdialogsystem (SDS) können Nutzende über das Telefon zu den gesuchten Online-Diensten geleitet werden. Vorausgewählte Antwortoptionen können entweder über die Ziffern oder eine Sprachansage beantwortet werden. Falls das SDS keine ausreichenden Informationen liefert, wird der Anfragende an das Service Center weitergeleitet.
Durch diese Prozessautomatisierung werden Standardfragen abgedeckt, folglich kann sich der persönliche Kundenkontakt auf individuelle und herausfordernde Fragestellungen konzentrieren. Eine Überlegung wäre daher, Mitarbeitende des Servicecenters auf bestimmte Online-Dienste zu spezialisieren, um somit auch spezifischere Fragen beantworten zu können. Eine schnellere Abwicklung von Supportanfragen könnte bspw. zu einer höheren Kundenzufriedenheit führen.
Es ist jedoch nicht geplant ein spezifisches Servicecenter für Online-Dienste zu etablieren, welches tiefergehende Fragen zu den Online-Diensten beantworten kann. Fragen bspw. zur Befüllung von Formularen müssen an den Second-Level-Support weitergeleitet werden. Strukturen zur Ausleitung von offenen Tickets als E-Mail und über Schnittstellen an externe Ticketsysteme sind in Planung. Wie diese Schnittstelle genau aussieht, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Zu befürchten ist, dass die 115 aufgrund von Landes- und IT-Betreiber-spezifischen Ticketsystemen auf eine heterogene Landschaft stößt.
Die Nutzung der 115 ist für Länder nicht verpflichtend, für einige Notfälle wie für den Einsatz von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr gibt es bereits etablierte Telefonnummern zur Soforthilfe. Es wird wohl der individuellen Entscheidung obliegen, ob die 115 als Service-Desk genügend Vorteile bringt oder doch ein Online-Dienst-spezifischer SPOC adäquat erscheint. Schlussendlich wird der Vor-Ort-Service in den Behörden ggf. geringer ausfallen, eine völlige Auflösung der analogen Beantragung von Leistungen und der damit verbundenen Supportstrukturen, sind im OZG-Kontext nicht angedacht.