IT-Organisation der Zukunft
In zukunftsorientierten Unternehmen wandelt sich die Rolle der IT aktuell grundlegend: Oblagen ihr bislang vorrangig unterstützende Aufgaben, etwa bei der Abwicklung kaufmännischer Prozesse und bei der elektronischen Kommunikation, so hat sie heute an strategischer Bedeutung gewonnen. IT entwickelt sich zum entscheidenden Faktor für zukünftige Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit einer Organisation und das keineswegs nur aufgrund von Effizienzgewinnen durch leistungsstarke Informationstechnologien.
IT muss zum Motor werden. Zum Motor der Wertschöpfung im Unternehmen, der mit neuen Technologien, wie etwa Predictive Analytics, Big Data, Automatisation und KI, selbst zur Umsatz- und Effizienzsteigerung des Unternehmens beiträgt. Durch den Wandel vom Unterstützer zum Business-Treiber erlangt die IT eine immer strategischere Rolle. Sie beeinflusst den kompletten Opportunity-to-Cash-Prozess, beginnend bei automatisierten Marketingprozessen über individualisierte Just-in-Time-Fertigungsverfahren bis hin zu optimierten Prognosen im Controlling.
Die herkömmliche IT-Abteilung wird es in naher Zukunft nicht mehr geben.
Wie wird die IT-Organisation der Zukunft aussehen und wie lassen sich Anforderungen an zukünftige Rollen beschreiben?
Dieser Artikel zeigt:
- wie sich Spezialist*innen zu IT-Manager*innen wandeln können
- wie die digitale Vernetzung, Automatisierung sowie KI neue Geschäftsmodelle ermöglichen
- wie sich dafür die Anforderungen an die IT ändern werden.
IT muss zum Motor werden. Zum Motor der Wertschöpfung im Unternehmen, der mit neuen Technologien, wie etwa Predictive Analytics, Big Data, Automatisation und KI, selbst zur Umsatz- und Effizienzsteigerung des Unternehmens beiträgt.
Wandel in der IT: digitale Vernetzung
Die Zeiten, in denen jeder Standort eines Unternehmens seiner eigenen Agenda folgte, sind lange vorbei. Selbst die digitale Verzahnung eines Unternehmens mit seinen Lieferanten, etwa für die automatische Nachlieferung von Material, ist nichts Neues mehr. Dass sich Unternehmen aus völlig unterschiedlichen Branchen miteinander vernetzen und daraus ein neues Geschäftsmodell entsteht, ist allerdings noch nicht gang und gäbe, wird sich jedoch immer mehr durchsetzen. Als Beispiel für digitale Vernetzung kann Predictive Maintenance genannt werden. Hier greifen Geschäftsmodelle, in denen Industrie und Sensorik ineinandergreifen und durch eine intelligente Vernetzung bspw. zu weniger Verschleiß in der Produktionskette führt. Auch in der modernen Verkehrsführung ist eine digitale Vernetzung zukunftsweisend und erlaubt die Vermeidung von Staus durch situationsabhängige Ampelschaltungen, die Staus vermeiden.
Wandel in der IT: Die Systeme lernen selbstständig
Die Automatisierung von Prozessen schreitet voran. Smarte IT-Systeme werden sich dabei künftig immer stärker selbst managen und entlasten damit die menschlichen Ressourcen. Die selbstlernenden Programme übernehmen Routineaufgaben und entwickeln sich aus sich heraus ständig weiter.
In der Versicherungsbranche werden bereits intelligente Dokumenten-Managementsysteme (DMS) eingesetzt, um alle eingehenden Nachweisdokumente automatisiert und in digitaler Form zu erfassen, sie entsprechend ihres Inhalts zu klassifizieren und sie dann umgehend dem korrekten Sachbearbeiter zuzuordnen. Diese Versicherungsspezialist*innen müssen sich nicht mehr um die Sortierung des Posteingangs kümmern und haben damit mehr Zeit für eine optimale Kundenbetreuung. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass durch die Abbildung der Geschäftsregeln in Prozessen eine automatisierte Verarbeitung erfolgen kann. Diese „Dunkelverarbeitung“ erlaubt die Bearbeitung ohne manuelle Eingriffe.
Dabei ist das DMS als selbstlernendes System in der Lage, sich während des Prozesses neue Begrifflichkeiten anzueignen und ab sofort zu berücksichtigen. Dies bietet den Vorteil, dass z. B. Formulare auch dann erkannt werden, wenn sich deren Anordnung der Felder ändert. Hierbei können auch Ausfüllfehler identifiziert werden, die ein Eingreifen von Fachexperten benötigen.
Wandel in der IT: Die IT trägt direkt zur Umsatzsteigerung bei
Der Einsatz von KI ermöglicht, dass die IT nicht mehr nur der Steuerung der Geschäftsprozesse dient, sondern selbst einen Beitrag zur Umsatzgenerierung leistet. Die Prozessautomatisierung ist besonders in der Finanzbranche ein wahrer Garant, Potenziale zu heben und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Hier findet eine enge Zusammenarbeit aus Fachexpertise und IT-architektonischer Umsetzung statt, die die ganzen Kerngeschäftsprozesse abdecken kann. Ein Beispiel für Predictive Analytics findet sich im Bankenwesen, mit Hilfe dessen Entwicklungen auf den Finanzmärkten vorhersagbar werden, damit das Bankenmanagement bereits im Vorfeld das Produktportfolio darauf ausrichten kann. Sinnvoll ist der Einsatz von Predictive Analytics auch im Fraud Detection im B2B-Umfeld; hier lassen sich Muster identifizieren, die Kreditkartenmissbrauch aufdecken können.
Der Leistungsschnitt als Erfolgsgarant
Wird der „Demand-Supply-Split“ abgebildet, wird ein trennscharfer Leistungsschnitt benötigt. Dieser ist deshalb notwendig, um die Leistungen gewinnbringend einzusetzen. Dies ist sowohl für die zugeordneten Geschäftsprozesse als auch für die Leistungen an sich relevant. IT wandelt sich verstärkt vom Cost-Center zum Profit-Center und muss genau abwägen, wie Leistungen geschnitten und monetär bewertet werden. Hierfür ist eine transparente Abgrenzung notwendig, um den Mehrwert von IT ableiten und rückführen zu können. Für die Überführung vom Cost- zum Profit-Center ist die Kostentransparenz Voraussetzung. Eine Übersicht über die Kosten für Services bedingt somit die Verteilung von Gemeinkosten via Verteilschlüssel oder nutzenbasierten Verrechnungsmodellen genauso wie die Eruierung von Einzelkosten. Das hat zur Folge, dass jeder Product-Owner in der Lage ist, Produkte gewinnbringend oder zumindest kostendeckend an Kund*innen zu veräußern. Dies ist unabhängig davon, ob der Kunde/die Kundin die Fachabteilung oder ein anderes Unternehmen ist.
Zukunft der IT-Organisation: Grenzen zwischen Fachbereich und IT verwischen
Grundsätzlich lassen sich zwei mögliche Szenarien ableiten, wie sich IT und Fachbereiche künftig zueinander positionieren werden.
1. IT-Kompetenz geht in die Fachbereiche über
Die Fachbereiche selbst erbringen IT-Leistungen und passen sie laufend an den aktuellen, intrinsischen Bedarf an. Es ist überdies zu erwarten, dass die IT für zentrale Anwendungen und Dienste immer mehr staatlichen Regularien unterliegt, die in kurzen Zeitabständen umzusetzen sind. Damit erhöht sich für die Unternehmen die Notwendigkeit, die Ressourcen in der IT – sowohl personell wie organisatorisch – flexibel einsetzbar zu machen bzw. diese außerhalb des Tagesgeschäfts in gewissem Umfang vorzuhalten, was den oben beschriebenen strukturellen Wandel in der Unternehmens-IT zusätzlich forciert.
Die Fachbereiche müssen nun Datenintegrität oder Anforderungen an Sicherheit und Funktionstüchtigkeit selbst abdecken und Lizenzen verwalten, die für die Systeme und Funktionen notwendig sind. Werden zudem eigene Systeme betrieben, sind hierfür Methodiken und Prozesse im Datenqualitätsmanagement und Datenkonsolidierung notwendig, die bisher in der Hoheit der IT standen. Hier hat sich die Verortung sog. Data Champions innerhalb der Fachbereiche bewährt. Diese Rolle betrachtet die Datenqualität und -integrität. Die IT-Abteilung ihrerseits muss verstärkt Support für Software oder Hardware bereitstellen, obgleich sie die Systeme selbst nicht betreibt. Zudem erwarten die Mitarbeiter in den Fachbereichen zu Recht, nutzerfreundliche, intuitive Bedienoberflächen, die die IT bei Bedarf schnell und on-demand bereitzustellen bzw. anzupassen hat. Voraussetzung dafür ist eine Organisationsstruktur, die die Fachbereiche dazu befähigt, auf Veränderungen am Markt eigenständig, agil und schnell zu reagieren. Dazu gehört beispielsweise, dass die Rollen mit ihren Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenzen klar definiert und in der Organisation auch bekannt sind. Förderlich dabei ist ein so genanntes Budget-Pooling. Was bedeutet, dass unterjährig durch den Verantwortlichen in der IT je nach Bedarf zusätzliche Budgets freigegeben werden dürfen.
2. IT-Leistungen werden outgesourct
Die fortschreitende technologische Entwicklung führt zu einer zunehmenden Spezialisierung im IT-Bereich. Unternehmen werden dafür verstärkt auf externe hoch spezialisierte Dienstleister zurückgreifen. Der Bedarf an eigener Spezialexpertise indessen geht zurück, da entsprechendes Know-how beim Dienstleister vorliegt. Die IT-Abteilung muss deshalb befähigt werden, zunehmend Managementaufgaben zu übernehmen, um die IT-Leistungen zu steuern und ggfs. zu koordinieren. Ihr obliegt es zum Beispiel, die Anforderungen aus den Fachbereichen zu erfassen, ggfs. zu bewerten und zu strukturieren und die Dienstleister mit der entsprechenden Leistungserbringung zu beauftragen, was ein effizientes Controlling und die Rückkopplung zum Fachbereich einschließt. Außerdem sollen die IT-Mitarbeiter als Schnittstelle zu Fachbereichen dort verortetes Wissen aufbauen. Sie müssen einer strategischen Funktion gerecht werden, etwa indem sie im Sinne des Target Operating Models (TOM) die abstrakten Zielstellungen der Unternehmensstrategie in konkrete, fassbare Einzelziele herunterbrechen und daraus geeignete Maßnahmen ableiten, diese umsetzen oder die Umsetzung steuern.
Fazit
Die fachspezifischen Aufgaben der IT-Abteilung gehen zunehmend auf die Mitarbeitenden in den Fachbereichen und/oder externe Dienstleister über. In vielen Unternehmen werden beide Varianten gleichzeitig vorhanden sein, wobei sich die Aufgabenzuteilung entsprechend den geänderten Rahmenbedingungen ebenfalls dynamisch entwickeln wird. Die IT-Organisation wird in zwei Richtungen eine steuernde Funktion übernehmen. Zum einen für die von den Fachbereichen administrierten, orchestrierten und dort verorteten Leistungen und Systeme und zum anderen in Richtung externer IT-Dienstleister.
Es ist wahrscheinlich, dass die IT-Abteilungen, wie wir sie kennen, in den nächsten Jahren verschwinden werden. IT-Mitarbeitende werden den Fachbereichen bzw. dem Management angehören oder bieten ihr Know-how als spezialisierte, externe IT-Dienstleister an. Mit diesem grundlegenden Wandel der IT gehen auch organisatorische Änderungen einher: So ändern sich sowohl die Anforderungen an die Mitarbeitenden als auch die Prozesse und Zuständigkeiten, die mit einem entsprechenden Wissensaufbau bzw. Know-how-Transfer verbunden sein müssen. Diese Transformation gibt Unternehmen die Möglichkeit durch externe Spezialist*innen ihre internen Prozesse zu entlasten, den besagten Opportunity-to-Cash-Prozess zu beschleunigen sowie das Controlling hin zu aussagekräftigeren Zahlen und Prognosen zu optimieren.