Blogbeitrag von
David Kappauf, Senior Consultant, Cassini Consulting AG
David Kappauf
Senior Consultant
Agile Transformation

Die perfekte Aufbauorganisation für die agile Ablauforganisation

Lange war agiles Arbeiten der Softwareentwicklung vorbehalten. Doch verstärkt setzen Unternehmen auf die Agilisierung ihrer Gesamtorganisation. Werfen wir gemeinsam einen differenzierten Blick in die Zielsetzung einer agilen Transformation, auf Best-Practice-Erfahrungen und mögliche Vorgehensmodelle.

Herausforderung und Ausgangssituation

In der Software-Entwicklung ist das agile Arbeiten seit vielen Jahren weit verbreitet und hat sich als eine erfolgreiche Arbeitsweise etabliert. Diese Methode führt, unter der Voraussetzung der richtigen Problemstellung, nachweislich zu einer Verbesserung der Qualität und Effizienz der Arbeit und steigert die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Scrum und Kanban gelten mittlerweile als moderne methodische Standards für die Arbeit im Team und sind aus einer modernen Ablauforganisation nicht mehr wegzudenken.

Aktuell gehen Entwicklungsorganisationen noch einen Schritt weiter und passen ihre Aufbauorganisation den agilen Prinzipien an. In Teilen werden dabei die Struktur der Aufbauorganisation an die der agilen Teams angeglichen und Scrum-Rollen als Führungsrollen eingeführt. Hierdurch bekommen traditionelle Führungsrollen, wie Teamleiter und Abteilungsleiter, neue Aufgabenfelder und müssen „neu gedacht“ werden.

Warum sollte man so etwas machen? 

Indikatoren, die Ihnen zeigen, dass es Zeit ist über ein „Update“ in Ihrer Aufbauorganisation nachzudenken, können vielschichtig auftreten. Häufig werden folgende Konstellationen vorgefunden:

  1. Die Aufbauorganisation „behindert“ bereits die Arbeitsweisen in den agilisierten Ablauforganisationen.
  2. Zuständigkeiten zwischen der Ablauforganisation und der Aufbauorganisation sind nicht klar getrennt.
  3. Die Aufbau- und/ oder die Ablauforganisation stehen übergeordneten Prinzipien von modernen Organisationen wie Wertstrom-/ Produktorientierung im Wege.

Wenn einer dieser Indikatoren anschlägt, lohnt ein genauerer Blick auf Ihre Aufbauorganisation. Aber sind agile Prinzipien als Grundlage für den Umbau hier wirklich sinnvoll?  Jein, was bedeutet: Unter den richtigen Voraussetzungen und mit der richtigen Herangehensweise kann solch ein Transformationsvorhaben eine moderne und zukunftsfähige Organisation schaffen. 

Aber erst mal zur Zielsetzung…

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Zielsetzung für Transformationsvorhaben in der Aufbauorganisation

Bei der Neugestaltung der Aufbauorganisation nach agilen Prinzipien verfolgen Organisationen unter anderem folgende Ziele: 

  1. Agilität: schneller auf Marktveränderungen, Kundenbedürfnisse und technologische Entwicklungen reagieren zu können
  2. Kundenorientierung: sich konsequent an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten
  3. Effizienzsteigerung: Verschwendung und Ineffizienzen reduzieren und Prozesse optimieren. Dabei sollte die Aufbauorganisation die Ablauforganisation bestmöglich unterstützen. 
  4. Mitarbeiterzufriedenheit und -engagement: Mitarbeitenden mehr Autonomie geben und Entscheidungsbefugnisse übertragen 
  5. Innovationsfähigkeit: schneller und erfolgreicher Innovationen hervorbringen, indem sie Zusammenarbeit fördern, Fehlerkultur verbessern und Innovationskraft der Organisation insgesamt stärken

Auch wenn die Zielsetzung verlockend klingen mag, sollte bedacht werden, dass der Erfolg des Transformationsvorhabens maßgeblich vom agilen Reifegrad der Organisation abhängt.

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Best-Practice-Ratschläge

Deshalb möchte ich Ihnen einige Tipps aus den Transformationsalltag geben:

  1. Trennen Sie die Etablierung agiler Prinzipien und deren potenzielle Skalierungen in der Ablauforganisation von der Umstrukturierung der Aufbauorganisation. Beides sollte nicht simultan erfolgen.
  2. Verwenden Sie nicht die gleichen Frameworks für die Aufbau- und Ablauforganisation. Eine Vermischung von „Rolle“ und „Stellen“ kann zu Inflexibilität anstelle von Agilität führen.  
  3. Frameworks für die Ablauforganisation (LeSS, SAFe, Nexus etc.) geben nur wenig Hinweise auf die für Sie passende Aufbauorganisation. SAFe zum Beispiel empfiehlt John Kotters „Dual Operating System“ als Lösung, bei die Aufbauorganisation getrennt von der Ablauforganisation bleibt. Die strikte Trennung der beiden Organisationsformen empfehlen wir im Besonderen gewachsenen Unternehmen.
  4. Falls agile Prinzipien die Transformation Ihrer Aufbauorganisation unterstützen sollen, ist eine individuelle Betrachtung notwendig. Lösungen „von der Stange“ führen mit ziemlicher Sicherheit zur kompletten Verwirrung der betroffenen Mitarbeitenden. 
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Das bestehende Organisationmodell bestimmt die Ausgangsituation

Die Ausgangssituation und damit auch die Komplexität des Vorhabens werden, neben den agilen Reifegrad der Organisation, von der bestehenden Organisationstruktur der Aufbauorganisation bestimmt. Folgende Organisationstrukturen findet man in deutschen Unternehmen am häufigsten vor:

  • Funktionale Organisationsstruktur: Hier sind die Mitarbeitenden in Abteilungen nach Funktionen wie Produktion, Marketing, Finanzen usw. organisiert. Diese Struktur ist hierarchisch und entspricht der traditionellen Organisationsform.
  • Divisionale Organisationsstruktur: In diesem Fall sind die Beschäftigten in Abteilungen nach Geschäftseinheiten oder Divisionen organisiert. Jede Division ist für ein bestimmtes Geschäft oder einen bestimmten Markt verantwortlich und hat eigene Funktionen wie Produktion, Vertrieb usw. Diese Struktur ermöglicht eine größere Flexibilität und Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen.
  • Matrix-Organisationsstruktur: In dieser Struktur sind Mitarbeitende in Teams organisiert, die sowohl funktions- als auch abteilungsübergreifend arbeiten. Die Matrix-Organisation ermöglicht es, verschiedene Perspektiven und Fachkenntnisse zu integrieren, um komplexe Probleme zu lösen.
  • Projektbasierte Organisationsstruktur: Hier werden die Mitarbeitenden in Teams organisiert, die speziell für die Durchführung eines bestimmten Projekts oder einer bestimmten Aufgabe zusammengestellt werden. Diese Struktur ermöglicht eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Anforderungen.

Des weiteren existieren einige moderne und agilere Organisationsformen wie zum Beispiel: 

  • Holokratie: Sie kann als ein hybrides Modell betrachtet werden, da es sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation betrifft und dabei auf Selbstorganisation und dezentrale Entscheidungsfindung setzt.
  • Soziokratische Kreise: Diese Organisationsform basiert auf einem Kreismodell, bei dem jeder Mitarbeitende in mehreren Kreisen tätig ist, die jeweils verschiedene Entscheidungen treffen. Jeder Kreis wählt auch eine delegierte Person, um den Kreis im zentralen bzw. nächsthöheren Kreis zu vertreten. 

Funktionale oder divisionale Organisationsformen stellen die Transformationsbegleiter bei der Etablierung agiler Prinzipien im Allgemeinen vor die größten Herausforderungen. In der beliebten Matrixorganisation und projektbasierten Organisationsstrukturen lassen sich diese leichter umsetzen. 

Ein besonders interessanter Ansatz einer Vermischung beider Welten stellt das gut beschriebene Spotify-Modell [1] dar, aus welchen sowohl die Aufbau- wie auch die Ablauforganisation abgeleitet werden kann.

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Mein Fazit

Die Etablierung von agilen Prinzipien und deren potenzielle Skalierungen in der Aufbau- und Ablauforganisation sind keine geringfügigen Veränderungen, sondern eine transformative Reise für jede gewachsene Organisation. Die Herausforderungen und Aufwände des Changemanagements sollten dabei keinesfalls unterschätzt werden. Wenn Sie bereit sind, Ihre Organisation auf eine agilere Zukunft auszurichten, stehen wir Ihnen als erfahrene Partner zur Seite. Kontaktieren Sie uns, um gemeinsam die optimale Strategie für Ihre Organisation zu planen und die ersten Schritte in Richtung einer zukunftsorientierten, effizienten und innovativen Aufbau- und Ablauforganisation zu setzen.

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