Lean Portfolio Management (LPM)
Die Einführung von agilen Vorgehensweisen – angefangen von Scrum bis hin zur Implementierung von skalierten Frameworks wie Scaled Agile Framework (SAFe) – hat mittlerweile in vielen Organisationen stattgefunden. Gründe dafür liegen in einer wechselhaften Marktumgebung, gestiegener Planungsunsicherheit oder sich rasch ändernden Kundenbedürfnissen. Während manche Organisationen noch in den Anfängen stecken, haben andere bereits agile Vorgehen und Frameworks etabliert und Erfahrungen gesammelt.
Klassisch meets Agile
Hier entsteht für viele Organisationen die Fragestellung, wie sich Strategie und agile Projekte, beziehungsweise die kontinuierliche agile Produktentwicklung, sinnvoll verknüpfen lassen. Wie also „klassische“ Strategiearbeit mit Jahresplänen, langen Abstimmungsrunden und linearen Denkprozessen ablösen? Und wie das gegenseitige Wechselspiel zwischen Strategie und Taktik orchestrieren? Agile Teams können ihre Stärken auf taktischer Ebene am besten ausspielen, wenn sie eingebunden, transparent und abgestimmt innerhalb ihres Unternehmens oder Geschäftsfeldes agieren. Diese Aufgabe kann Lean Portfolio Management lösen.
Wieso Lean Portfolio Management?
Die Gründe wieso Unternehmen sich mit Lean Portfolio Management beschäftigen, decken sich zu großen Teilen mit den Gründen, die dafür gesorgt haben, agile Arbeitsweisen und skalierte Frameworks einzuführen. Waren Projektziele oft bereits veraltet und nicht mehr passend bei ihrer Erreichung, so ist der Anspruch von agilen Arbeitsweisen und Lean Portfolio Management schnellen Mehrwert zu kreieren. Lean Portfolio Management ermöglicht eine zeitnahe Steuerung der Investitionen auf Basis von häufigem Feedback, welches in den Gesamtkontext der Strategie eingebunden wird. Hierin steckt auch eine grundlegende Veränderung weg vom "Denken in Projekten", hin zum "Denken in Produkten", die permanent weiterentwickelt werden und kontinuierlich Kundenmehrwert schaffen.
Wer zukünftig also Wertströme von Produkten statt Einzelprojekten finanziert, weiß genau, wann ein echter Benefit für Kunden erzielt wurde. Nämlich dann, wenn der Mehrwert über Feedback bestätigt wurde. Nicht wenn Projektziele abgehakt werden können. Die häufigere Auslieferung und die Einbindung von Feedback (qualitativ wie quantitativ) erhöht auch die Qualität von Kennzahlen und damit der Datengrundlage zur Unternehmens- und Portfoliosteuerung. Schlussendlich ermöglicht Lean Portfolio Management es Unternehmen mehr wie ein Lean Start-up zu agieren, Ideen schneller am Markt zu testen und damit die Unsicherheit von großen Investitionen zu umgehen.
Was ist ein Wertstrom?
Ein Wertstrom stellt die Reihe von Schritten dar, die ein Unternehmen zur Realisierung von Aktivitäten & Dingen (Produkten, Services, etc.) nutzt, um dem Kunden einen kontinuierlichen Mehrwert zu bieten. Dies stellt eine Abkehr vom Denken in Projekten dar, bei denen zuvor Unternehmen ihre Mitarbeiter in funktionalen Silos organisiert und immer wieder neue Einzelprojekte finanziert haben.
Was unterscheidet Lean Portfolio Management von traditionellem Portfolioprojektmanagement?
Um den Wandel zu Lean Portfolio Management deutlicher abzugrenzen, lohnt der Vergleich mit traditionellem Portfolioprojektmanagement. Wesentliche Unterschiede lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen.
An den dargestellten Veränderungen wird deutlich, wie fundamental der Wechsel hinzu Lean Portfolio Management die Betrachtung und Steuerung von Produktentwicklung und Projektportfoliomanagement verändert. Besonders in der Verknüpfung von strategischer, taktischer und operativer Arbeit – eben im Portfolio Management – werden die Vorteile von LPM allerdings deutlich sichtbar, auch wenn auf Teamebene beispielsweise hybride Methoden eingesetzt werden.
Wie funktioniert Lean Portfolio Management?
LPM bedient sich der fünf Prinzipien von Lean – einfach gesagt, Verschwendung minimieren und Nutzen für Kunden zu steigern – und dem Anspruch die Unternehmensstrategie mit der Ausführung der Projekte bzw. Produktentwicklung zu verknüpfen.
Lean Portfolio Management besteht prinzipiell aus drei Bestandteilen.
- Strategie- und Investitionsfinanzierung
Verfügbare Mittel werden flexibel zugewiesen, geschaffener Wert wird maximiert und das Unternehmensportfolio so austariert, dass Projekte und Produkte zur Erreichung der Unternehmensziele umgesetzt werden. - Agile-Portfolio-Verwaltung
Koordination und Support der laufenden Entwicklungsarbeit über die verschiedenen Wertströme innerhalb des Unternehmens hinweg und gleichzeitige „Dezentralisierung“ von Strategiearbeit. - Lean-Governance
Festlegung von Leitlinien bezüglich Ausgaben, Audits und Compliance, Prognosen zukünftiger Kosten in Zusammenarbeit mit Stakeholdern.
Zur weiteren Veranschaulichung betrachten wir nun drei wichtige Events von LPM. Diese sind die (1) strategische Überprüfung des Portfolios, die (2) Synchronisierung des Portfolios und die (3) mitwirkende Budgetierung. Die Taktung dieser Events ist eingebunden in den Rhythmus des agilen Vorgehens der Organisation.
- Strategische Portfolioüberprüfung
Es werden mindestens vierteljährlich Strategie, Umsetzung und Budget abgeglichen und das Hinarbeiten auf die Vision überprüft. - Synchronisierung des Portfolios
Dies hat einen operativen Fokus und findet daher auch häufiger (z.B. monatlich) statt. Der Fokus liegt auf dem jeweiligen Fortschritt der Aktivitäten. - Mitwirkende Budgetierung
Es wird (meist halbjährlich) entschieden, wie das Budget des Portfolios über die Aktivitäten (zum Beispiel im Kontext von SAFe Epics) verteilt werden soll.
Die Herausforderung liegt hier jeweils in der adäquaten Taktung, die für das Unternehmen passt. Zu lange Planungszeiträume schränken die Anpassungsfähigkeit ein, während zu kurze Zeithorizonte ab einem gewissen Punkt die Ungewissheit innerhalb der Organisation und den Overhead erhöhen.
Wie kann ich mir Lean Portfolio Management besser vorstellen?
Ein entscheidendes Tool in der Anwendung von LPM ist das Portfolio-Kanban. Hierin wird die neue Vorgehensweise greif- und sichtbar. Es zeigt auf einen Blick den Fortschritt und Stand von Aktivitäten auf, hilft die tatsächlichen Kapazitäten im Portfolio im Blick zu behalten und den Input zu begrenzen. Das Portfolio Kanban wird – ähnlich wie ein Team Kanban - genutzt, um Durchlaufzeiten zu minimieren, den Input zu managen, Feedbackschleifen kurz zu halten und schnell auf Portfolioebene reagieren zu können.
In der Anwendung ist Lean Portfolio Management in seiner Komplexität zu Anfang nicht zu unterschätzen. Die Ausprägung der Rollen, der Aktivitäten und seine Einführung und die damit verbundene Analyse der Wertströme benötigt Zeit. Allerdings lohnt die weitere Beschäftigung mit LPM, denn es strukturiert die Steuerung von (Projekt-) und Produktportfolios, unterstützt in der Identifikation und Priorisierung der „richtigen Dinge“ und Aktivitäten und Allokation von Ressourcen. Darüber hinaus wird (Kunden-)Feedback direkt eingebunden, um die Lieferung von Mehrwert weiter zu beschleunigen. Damit kann es Ihre agile Transformation auf die nächste Stufe heben.