Blogbeitrag von
Lasse Arndt, Consultant, Cassini Consulting AG
Lasse Arndt
Senior Consultant
Matthias Genge, Senior Consultant, Cassini Consulting AG
Matthias Genge
Senior Consultant
IT-Management
Artikelreihe

Software-Rollout (Teil 3) – Das Cassini-Framework.

Henry Ford lehrt uns: Eine Vision ohne Ausführung ist nur eine Halluzination.

Der Erfolg eines Rollouts steht und fällt mit der Art und Weise, wie er implementiert und umgesetzt wird. Insbesondere bei der Einführung neuer Technologien, Produkte und Prozesse spielt das Rollout Management eine entscheidende Rolle. Ein gut geplanter und strukturierter Rollout kann den Unterschied zwischen einem reibungslosen Übergang und einem chaotischen Durcheinander ausmachen.

Doch welche Aspekte gilt es bei der Planung und Durchführung eines Rollouts zu berücksichtigen? In diesem Artikel werden wir die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei einem Software-Rollout im internationalen Konzernumfeld diskutieren. Cassini kann als Management- und Technologieberatung hierbei eine wertvolle Unterstützung bieten. Wir haben unsere Projekterfahrungen in einem Rahmenwerk festgehalten, das als Orientierung dienen kann. Zwar gibt es keine One-Size-Fits-All-Lösung, jedoch lassen sich aus dieser Blaupause fundamentale Phasen ableiten, die wertvolle Anhaltspunkte für Ihre kommenden Rollout-Vorhaben bieten kann.

Approach und Methoden – Der Cassini Blueprint

Das Rahmenwerk ist aufgeteilt in vertikale Phasen, die den Rollout Lebenszyklus abbilden sowie in horizontale Phasen, die den gesamten Rollout begleiten. Die vertikalen Phasen sind: Scoping & Clarification, Fit-Gap-Analyse, Rollout und Transition. Unterstützt werden die vertikalen Phasen durch die horizontalen Phasen des Projektmanagements, Change Managements und Requirements Managements. Die horizontalen Phasen übernehmen in jeder Phase des Rollout Lebenszyklus eine neue, unterstützende Rolle.

Doch wie genau sind Rollout Management und Entwicklungsprozess ineinander verzahnt? Es kommt drauf an! Die Art und Weise, wie ein Rollout durchgeführt wird, ist abhängig davon, in welche Art von Initiative er eingewoben wird und welche Art von Software zugrunde liegt, wie wir im zweiten Teil unserer Artikel-Reihe bereits beschrieben haben. Abhängig davon, ob eine Eigenentwicklung, eine Wiederverwendung von Bestandssoftware oder ein Einkauf einer neuen Software-Lösung vorliegt, ist auch das zugehörige Projekt entsprechend aufzusetzen. Somit sind die Phasen des Rahmenwerks so auszugestalten, dass sie im jeweiligen Kontext passfähig sind.

Gehen wir nun auf die einzelnen Phasen des Vorgehensmodells ein:

Vertikale Phasen des Vorgehensmodells

Scoping & Clarification

In der ersten Phase eines Software-Rollouts ist die Definition der Projektziele und -anforderungen sowie die Klärung der Rahmenbedingungen entscheidend. Dieser Schritt umfasst die Festlegung klarer Ziele, die präzise Definition der Anforderungen und die Eingrenzung des Projektumfangs. Studien von Gartner untermauern, wie wichtig es ist, alle relevanten Stakeholder einzubeziehen und ein gemeinsames Zielbild zu entwickeln. Diese Phase bildet das Fundament für den weiteren Verlauf. Zusätzlich werden Risiken und Herausforderungen in der ersten Phase initial analysiert.

Um ein tiefergehendes Verständnis für diese Aspekte zu entwickeln, wird die Durchführung von Workshops, Interviews und eine detaillierte Analyse von zugrundeliegender Dokumentation empfohlen. Ein besonderer Fokus liegt auf der genauen Definition der Geschäftsziele und den spezifischen Anforderungen an die Software sowie der zugrundeliegenden IT-Infrastruktur, um die Bedürfnisse des Unternehmens vollständig abzubilden.

Nach der umfassenden Analyse und Erfassung der Anforderungen folgt die Erstellung eines detaillierten Projektplans, der die verschiedenen Schritte des Rollouts, den benötigten Zeitrahmen und mögliche Abhängigkeiten aufzeigt. Ein weiterer Aspekt ist die Planung und Budgetierung des finanziellen Aufwands sowie die Sicherstellung der Verfügbarkeit notwendiger Ressourcen.

Fit-Gap-Analysis

In der zweiten Phase des Software-Rollouts liegt viel Augenmerk auf der Analyse der bestehenden Geschäftsprozesse, um ein klares Verständnis der Anforderungen in verschiedenen Ländern und Geschäftsbereichen zu erlangen. Durch einen Soll-Ist-Abgleich identifizieren wir wesentliche Unterschiede zwischen den aktuellen Abläufen und den idealen Prozesszuständen. Dies ermöglicht, notwendige Anpassungen zu erkennen, sowohl in den Prozessen selbst als auch in der Software.

Ein zentrales Element dieser Phase ist der Funktionsabgleich der alten und neuen Software. Ziel ist es, Abweichungen zwischen den Anforderungen der Stakeholder und den Funktionen der aktuellen Software feststellen. Diese Analyse hilft zu entscheiden, ob Anpassungen der Software oder Modifikationen der Geschäftsprozesse effektiver sind, um die identifizierten Lücken zu schließen und eine bessere Übereinstimmung zu erreichen. Bei der Altsystemablösung ist zum einen die bisher verwendete Software-Lösung zu betrachten und zum anderen, welche Funktionen in die neue Software-Lösung zu migrieren sind.

Rollout

In der dritten Phase eines Software-Rollouts wird die Software unter Berücksichtigung der identifizierten Anforderungen eingeführt. Eine unverzügliche Reaktionsfähigkeit auf auftretende Probleme ist hierbei ein essenzieller Faktor für eine erfolgreiche Einführung. Dafür kann beispielsweise ein trainiertes Support-Team empfehlenswert sein. Wesentliche Schritte sind hierbei eine Pilotphase, um frühzeitig Probleme zu erkennen, umfassende Schulungs- und Supportmaßnahmen für die Pilot-User, transparente Kommunikation über den Fortschritt und angemessene Test- und Qualitätssicherungsprozesse. Nichtsdestotrotz ist die genaue Ausgestaltung abhängig von der Art und Weise des Rollouts. Beispielsweise kann ein „Big-Bang-Rollout“ oder ein iterativer bzw. pilotierter Rollout stattfinden. Das genaue Vorgehen sollte somit dem Kontext stets angepasst werden.

Für jeden Rollout sind eine sorgfältige Planung, Vorbereitung und transparente Kommunikation erfolgsentscheidend, um die effektive Nutzung einer neuen Software durch alle betroffenen Mitarbeitenden zu gewährleisten. Hierzu gehört beispielsweise das inhaltliche Aufgleisen der Stakeholder (wie Pilot-User und Service Desk), das Klären offener Fragen und die Abstimmung sämtlicher Rollout-Inhalte. Sind alle offenen Rollout-Aspekte geklärt, kann die Software live geschaltet werden. Im Zuge des Go-live sollten immer Funktionstests eingeplant und durchgeführt werden, um mögliche Mängel schnell aufdecken und beheben zu können. Ist der Rollout erfolgreich, kann in die Transitionsphase übergegangen werden.

Transition

Die abschließenden Phase eines Software-Rollouts ist die erfolgreiche Transition sowie die Befähigung der Nutzer*innen der neuen Software. Eine effektive Schulung und umfassende Dokumentation sorgen für die notwendige Akzeptanz und Nutzung eben dieser. Das Verfolgen der Nutzungsdaten hilft, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und Maßnahmen abzuleiten, um diese zu verwirklichen. Schulungsmaterialen (Handbücher, Videos, Module etc.) müssen leicht verständlich und für jeden zugänglich sein, um eine nachhaltige Wissensvermittlung zu gewährleisten. Hierbei ist insbesondere auf eventuelle Sprachbarrieren zu achten. Nach den Schulungen ist stets das Feedback der Teilnehmenden einzuholen, um auch hierbei die Wirksamkeit einzuordnen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.

Abschließend ist ein verfügbarer und befähigter Support essenziell, um den Anwendenden bei Problemen effektiv zur Seite zu stehen und die Akzeptanz der neuen Software zu sichern.

Horizontale Phasen des Vorgehensmodells

Begleitet werden die vertikalen Rollout-Phasen durch die horizontalen: Projektmanagement, Change Management und Requirements Management. Insbesondere das aktive Begleiten von Veränderungen sowie das Managen neuer Anforderungen werden in der Praxis viel zu oft vernachlässigt.

Projektmanagement

Das Projektmanagement gewährleistet, dass das zugrundeliegende Vorhaben erfolgreich verläuft, indem es Risiken frühzeitig erkennt, Probleme löst, effektive Kommunikation sicherstellt und Stakeholder angemessen einbindet. Projektmanagement im Kontext eines Software-Rollouts beinhaltet die Definition von Zielen und Anforderungen, die Projekt- und Ressourcenplanung, die effektive Steuerung sowie den Abschluss des Projekts. Die frühzeitige Planung, Einbindung aller beteiligten Abteilungen und Standorte sowie eine umfassende Dokumentation sind entscheidend für ein erfolgreiches Projektmanagement beim Software-Rollout.

Change Management

Das Change Management beinhaltet die Planung, Begleitung und Steuerung von Veränderungen, um sicherzustellen, dass diese erfolgreich umgesetzt werden und von den Mitarbeitenden akzeptiert und effektiv genutzt werden können.

Die Mitarbeitenden müssen frühzeitig in den Veränderungsprozess einbezogen werden. Die Kommunikation spielt hierbei eine zentrale Rolle. Die Information über geplante Veränderungen, Aufzeigen der Mehrwerte und die ernsthafte Berücksichtigung von Bedenken und Ängsten der Mitarbeitenden sind entscheidend für eine reibungslose Integration neuer Systeme in den Arbeitsalltag. Ein gut geplantes und umgesetztes Change Management ist entscheidend für den Erfolg des Software-Rollouts, da es sicherstellt, dass alle Beteiligten die Veränderungen verstehen und sie annehmen können. 

Requirements Management

Requirements Management umfasst die Identifizierung, Dokumentation, Validierung und Verwaltung aller Anforderungen an die Software und ihrer Einführung. Dies stellt sicher, dass die Bedürfnisse der Stakeholder berücksichtigt werden und die Software alle benötigten Funktionen besitzt.

Ein effektives Anforderungsmanagement beinhaltet die detaillierte Dokumentation und Validierung der Anforderungen (bspw. anhand von Business Value und Prototyping) sowie die fortlaufende Verwaltung. Es ist wichtig, entsprechende Kanäle zu öffnen, um Stakeholdern die Möglichkeit zu bieten, ihre Anforderungen zu platzieren. Diese Anforderungen müssen IT-gerecht formuliert, dokumentiert und validiert werden. Tools für das Requirements Management unterstützen bei der Verwaltung und Versionierung der Anforderungen. Ein transparenter Prozess ist essenziell, um einen geregelten Umgang mit neuen und bestehenden Anforderungen sowie deren Priorisierung sicherzustellen.

Die horizontalen Phasen spielen zwar eine unterstützende Rolle, sind jedoch entscheidend für den Erfolg des Gesamtvorhabens.

Fazit

Nicht jeder Herausforderung kann mit einer Best Practice begegnet werden. Viele Problemstellungen sind kontextspezifisch und verlangen individuelle Lösungsansätze. Best Practices bieten hierbei eher Inspiration und einen Orientierungsrahmen.

Ein ganzheitlicher Ansatz ist erfolgsentscheidend, da eine lokale Optimierung in der Praxis zu einer globalen Suboptimierung führt. Daher sollte auch ein Software-Rollout von Ende zu Ende betrachtet und geplant werden.

Die Unterstützung des Managements und ein gutes Stakeholdermanagement sind für den Erfolg unerlässlich. Darüber hinaus ist die Offenheit für neue Ideen förderlich für die Qualität der Software. Beispielsweise können im Rahmen von Trainings neue Anforderungen oder gar Fehler entdeckt werden. Das Einbinden der Anwender*innen sorgt auch dafür, dass logische Fehler frühzeitig erkannt und beseitigt werden können. Je später ein Fehler oder eine Restriktion erkannt wird, desto teurer sind die Auswirkungen. Da der Rollout mit bestimmten Prämissen arbeiten muss, sollten diese durch ein kontinuierliches Requirements Management abgedeckt werden.

Wie genau wir die Anwenderinnen und Anwender einbinden und wie die Veränderung durch ein effektives Change Management begleitet werden kann, erläutern wir im nächsten Artikel!

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