„Wir achten bei allen Ausgaben darauf, dass ein entsprechender Mehrwert erzielt wird.“
Im dritten Interview zum Thema IT-Kostentransparenz sprach Lizette Reinhardt mit Marcel Menze. Er verantwortet seit drei Jahren die IT bei Deutschlands größtem Windpark-Betreiber Alterric, 2021 hervorgegangen aus dem Energieversorger EWE und der Aloys Wobben Stiftung.
Alterric steht als junges Unternehmen noch vor der einen oder anderen Herausforderung. Unter anderem gibt es ein Spannungsfeld zwischen Wachstum, Digitalisierung und Regulatorik. Was bedeutet das für die Festlegung von Budgets und die Steuerung von Kosten?
Ja, das ist in der Tat eine Herausforderung. In den vergangenen Jahren haben wir bereits viel in die Digitalisierung investiert, da unser Reifegrad in diesem Bereich sehr gering war und auch heute noch deutliches Entwicklungspotenzial aufweist. Einige Prozesse sind zum Teil noch stark von Excel-Lösungen geprägt. Wir wollen an vielen Stellen deutlich effizienter werden, um unsere ambitionierten Unternehmensziele zu erreichen und das angestrebte Wachstum zu ermöglichen.
Vor rund zwei Jahren haben wir eine IT-Zielarchitektur entwickelt, um die Kernfähigkeiten des Unternehmens auch auf IT-Ebene adäquat abzubilden. Dazu haben wir eine komplett neue und eigenständige IT-Infrastruktur für unser Unternehmen aufgebaut. Dabei sind wir bereits ein gutes Stück voran gekommen und haben einen Großteil unserer Ziele erreicht. Dennoch werden wir in den kommenden Monaten und Jahren weiter verstärkt in die Digitalisierung investieren, um unsere strategischen Ziele und unser Wachstum noch besser unterstützen zu können.
Zu diesem Zweck haben wir Ende letzten Jahres ein groß angelegtes Digitalisierungsprojekt gestartet.
Mit unserem Digitalisierungsprojekt haben wir gemeinsam mit den Geschäftsbereichen untersucht, wo aktuelle Schwachstellen und Potenziale liegen, um die Kernprozesse durch digitale Lösungen weiter optimieren zu können.
Derzeit werten wir die Ergebnisse aus und erstellen eine Roadmap für die Umsetzung. Dabei diskutieren wir über Automatisierungsplattformen wie RPA oder KI, eine zentrale Datenplattform und organisatorische Aspekte wie Data Governance.
Wie plant ihr die Budgets für die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen?
Zur Umsetzung der Maßnahmen und damit zur Erreichung der Unternehmensziele sind weitere Investitionen notwendig. Wir stehen derzeit vor der Entscheidung, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum diese Investitionen getätigt werden. In der Gesamtbetrachtung sind auch weitere Kosten einzubeziehen, die z. B. aus regulatorischen Gründen notwendig werden.
Wie habt ihr als IT das Management und die Fachbereiche mitgenommen, damit sie die Mehrwerte der Vorhaben sehen und unterstützen?
Auf Managementebene wird das Thema bereits seit längerer Zeit diskutiert, weshalb wir im letzten Jahr auch ein entsprechendes Digitalisierungsprojekt initiiert haben. Im Rahmen dieses Projektes haben wir mehrere Ideation-Workshops durchgeführt, um den Fachbereichen neue Technologien vorzustellen und Impulse zu geben, diese Tools z.B. für Prozessautomatisierungen zu nutzen. Wir betrachten das Projekt nicht als reines IT-Projekt, sondern aus unserer Sicht müssen sich auch die Fachbereiche mit diesen Themen auseinandersetzen und verstärkt digitale Kompetenzen aufbauen.
Nimmst Du an anderen Stellen in der IT einen stärkeren Kostendruck wahr?
Im Hinblick auf das Budget haben wir verschiedene Instrumente wie das IT-Benchmarking eingesetzt, um unsere IT-Ausgaben mit denen unserer Wettbewerber zu vergleichen. Dabei haben wir auch unsere Wachstumsambitionen und unsere verstärkten Investitionen in die Digitalisierung berücksichtigt.
Derzeit befinden wir uns noch in einer Aufbauphase, sowohl was unsere Produkte als auch die Mitarbeitenden betrifft, die mit diesen Produkten arbeiten. In den letzten zwei Jahren haben wir einige Maßnahmen eingeführt, wie zum Beispiel die Beschaffung von IT-Produkten über ein IT-Bestellportal. Damit verbunden sind entsprechende Genehmigungsprozesse durch die Führungskräfte, um das Bewusstsein für die IT-Kosten zu schärfen. Darüber hinaus optimieren wir den Einsatz teurer Softwareprodukte, indem wir prüfen, ob alternative, kostengünstigere Tools ausreichen.
Da wir noch ein relativ junges Unternehmen sind und im IT-Bereich zunächst neue IT-Infrastrukturen und IT-Tools aufgebaut haben, haben wir in der Vergangenheit noch keine klassischen Kostensenkungsprojekte durchgeführt, wie ich sie aus etablierteren Unternehmen kenne. Dennoch achten wir bei allen Ausgaben auch darauf, dass sie einen entsprechenden Mehrwert bringen.
Die Dynamik ist spannend. Wenn das Unternehmen wachsen möchte und gleichzeitig profitabel bleiben will, entsteht automatisch ein Spannungsfeld. Die IT rückt dabei oft in den Fokus, insbesondere wenn die Gesamtkosten steigen.
Ich weiß, das klingt etwas theoretisch, aber im Idealfall sollte der Betrieb so optimiert sein, dass solche Kostensenkungsprojekte gar nicht erst notwendig sind. In diesem Sinne versuchen wir, die IT-Ausgaben ständig zu optimieren, aber aufgrund der begrenzten Ressourcen können wir derzeit nicht alles erfassen und optimieren.
Letztlich geht es auch darum, Prioritäten zu setzen. Angesichts steigender IT-Kosten und möglicherweise niedrigerer Budgets in den kommenden Jahren, was hältst du abschließend für die wichtigsten Maßnahmen, um diesem Spannungsfeld gerecht zu werden?
Sowohl die Zahl unserer Mitarbeitenden als auch unser Umsatz und unser Produktangebot werden in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter wachsen. Es wäre unrealistisch zu erwarten, dass wir weniger Mittel für die IT und Digitalisierung zur Verfügung haben und gleichzeitig eine höhere Skalierbarkeit der IT zur Unterstützung der Geschäftsprozesse umsetzen wollen.
Vielmehr wird es immer wichtiger, die IT-Ausgaben gezielter zu steuern, insbesondere auf Seiten der Fachbereiche, die durch die Nutzung der IT-Produkte auch den größten Teil der Kosten verursachen. Unser Ziel ist es, ein erweitertes Reporting pro Fachbereich einzuführen, um die Transparenz über die verursachten Kosten zu verbessern und den Dialog zu fördern. So können die Fachbereiche Verantwortung für ihre Ausgaben übernehmen und den Austausch mit der IT-Abteilung intensivieren. Erste Schritte haben wir bereits umgesetzt. In Zukunft werden wir aber noch mehr Energie in diesen Bereich investieren müssen, um die Transparenz und damit auch die Steuerbarkeit der IT-Ausgaben zu verbessern.
Dann wünsche ich viel Erfolg dabei. Vielen Dank für die spannenden Einblicke!
Marcel Menze, Alterric
Zur Person: Marcel Menze ist von Beginn an Leiter der IT und konnte somit IT-Landschaft und -Infrastruktur selbst gestalten und sein Team aufbauen. Viele Prozesse, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, wurden im Greenfield-Ansatz entwickelt und eine konkrete Cloud-nativ- oder Cloud-First-Strategie umgesetzt. Zuvor war der Wirtschaftsinformatiker beim Energieversorger EVE in verschiedenen Positionen tätig, u.a. in der strategischen Weiterentwicklung der IT-Strategie sowie in der Betreuung strategischer Projekte.
Zum Unternehmen: Alterric ist seit 2021 als Grünstromerzeuger aktiv – mit europaweit 17 Standorten und inzwischen über 400 Mitarbeitenden. Das Leistungsspektrum umfasst die gesamte Wertschöpfung von der Planung und Projektierung über den Bau bis hin zum Betrieb von Windkraftanlagen sowie Hybridparks mit Wind- und Sonnenenergie. Historisch vereint das Unternehmen 35 Jahre Erfahrung in Windenenergie. Bis 2030 soll eine Erzeugungskapazität von rund 5 Gigawatt aufgebaut werden.