Stabsfunktion oder Teil des Teams? – Integration des Dienstleisters
Die Integration eines Dienstleisters wird zum Beispiel von der Bereitstellung von Informationen an die Dienstleister, der Verankerung in Prozesse oder auch der gegenseitigen Feedbackkultur beeinflusst. Dieser Artikel stellt fünf Aspekte dar, wie Dienstleister zielführend integriert werden können.
Aspekte der Integration von Dienstleistern
Folgende Aspekte bzgl. der Integration von Dienstleistern werden wir in folgendem Artikel näher beleuchten:
- Need to know vs. Vollumfänglicher Informationsaustausch
- Fest in Prozessen verankert vs. sporadische Prozessbeteiligung
- Gemeinsame strategische Zielverfolgung vs. „Ihr macht, was ich sage.“
- Verantwortung von Anfang bis Ende vs. Teilbereiche
- Gegenseite Feedbackkultur vs. einseitige Kontrollinstanz
In diesem Artikel liegt der Fokus schwerpunktmäßig auf den „Extrempositionen“ der oben genannten Aspekte. Letztlich kommt es jedoch immer auf den Projektkontext und auf die Beziehung des Auftraggebers zum Dienstleister an, inwieweit eine „Extremposition“ oder „Zwischenpositionen“ zu den einzelnen Aspekten eingenommen werden. Die Entscheidung liegt hier primär beim Projektleitenden bzw. der Führungsebene.
Need-to-know vs. Vollumfänglicher Informationsaustausch
Bei dieser Steuerungsgröße geht es um den Wissenstransfer bzw. den Umfang und Art der Informationen, die der Auftraggeber dem Dienstleister zur Verfügung stellt. Die geringste Ausprägung bedeutet, dass der Auftraggeber dem Dienstleister ausschließlich Informationen zur Verfügung stellt, um die vorgesehene Leistung zu erbringen. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass der Auftraggeber dem Dienstleister unbewusst wichtige Informationen vorenthält, die dieser für eine effiziente Leistungserbringung benötigt. Eine hohe Ausprägung dieses Parameters ist die Einrichtung des Zugangs zu Plattformen, die für den internen Wissenstransfer genutzt werden, sowie die Bereitstellung von Informationen, die ggf. nicht für die Leistungserbringung notwendig sind, dem Dienstleister aber ein vollumfängliches Bild einer Problemstellung oder des Projektauftrags vermitteln. In diesem Parameter spielt auch die Art und Weise der Informationsbereitstellung eine Rolle. Muss der Dienstleister einen Großteil der benötigten Informationen selbst beschaffen, ist dies nicht so effizient, wie die autarke Bereitstellung der Informationen durch den Auftraggeber.
Praxistipp
Auch wenn zu Dienstleistern ein enges Vertrauensverhältnis besteht, sollte sich der Auftraggeber vor allem bei einem vollumfänglichen Informationsaustausch die Verschwiegenheitspflicht vertraglich zusichern lassen.
Fest in Prozessen verankert vs. sporadische Prozessbeteiligung
In allen Organisationen existieren feste Prozesse, die entweder dokumentiert oder durch implizit vorhandenes Wissen gelebt werden. Vor allem, wenn für gewisse Prozessschritte auf Grund von personellem Ressourcenmangel häufig auf Dienstleister zurückgegriffen wird, sollten diese fest in solch einen Prozess integriert werden. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr, dass durch unklare Schnittstellen Reibungsverluste entstehen, und Prozesse somit an Effizienz verlieren. Abhilfe schafft hierbei eine saubere Prozessdokumentation mit klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, wodurch auch bei einem Dienstleisterwechsel neue Dienstleister problemlos in Prozesse integriert werden können. Darüber hinaus ist es dem Dienstleister möglich, durch eine feste Integration Prozessverbesserungen bzw. Optimierungspotenziale zu identifizieren, denn hier lohnt manchmal ein externer Blick. Bei einer hohen Ausprägung besteht jedoch die Gefahr, dass die Abhängigkeit vom Markt zu groß wird und Prozesse nicht mehr autark ohne externe Unterstützung ausgeübt werden können.
Gemeinsame Strategische Zielverfolgung vs. „Ihr macht, was ich sage.“
Bei diesem Parameter geht es vor allem um die gemeinsame Verfolgung von strategischen Zielen oder einer gemeinsamen Ideenentwicklung, wie aufkommende Probleme gelöst werden können. Hierbei geht es nicht um die Tatsache, ob der Auftraggeber eine Strategieberatung oder einen Dienstleister beauftragt, der Strategien operationalisiert. Vielmehr bedeutet dies, dass beide Parteien gemeinsame Entscheidungen auf Augenhöhe treffen, gemeinsam Ideen und Strategien entwickeln und festlegen, wie diese umgesetzt werden. Im Optimalfall schafft dies beim Dienstleister eine intrinsische Motivation und erhöht die Identifikation mit der Organisation des Auftraggebers. Werden dem Dienstleister im Gegenzug lediglich Aufgaben aufgetragen, kann dieser nicht sein vollständiges Unterstützungspotenzial entfalten, wodurch die Qualität der Leistungserbringung leiden kann.
Verantwortung von Anfang bis Ende vs. Teilbereiche
Vor allem im Projektgeschäft besteht die Möglichkeit, Dienstleister von Beginn an in das Projekt zu integrieren oder für gewisse Projektphasen zu beauftragen. Entscheidend sind hier vor allem der Projektinhalt und das Projektumfeld. Wichtig ist hierbei vor allem, dass sowohl bei einer Beauftragung für das gesamte Projekt als auch für Projektphasen die Integration möglichst frühzeitig erfolgt. Dazu sollte eruiert werden, bei welchen Arbeitspaketen, Sprints, Phasen oder Meilensteinen es externer Unterstützung bedarf. Für den Auftraggeber besteht hier die Steuerungsmöglichkeit, thematisch zusammenhängende Projektabschnitte an einen Dienstleister zu übergeben, um die Komplexität der Dienstleisterlandschaft zu reduzieren. Auf der anderen Seite entsteht dadurch eine starke Abhängigkeit, wenn ein vollumfängliches Projekt ausschließlich an einen Dienstleister vergeben wird. Hier liegt das Risiko darin, dass das Projekt scheitert, wenn die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister unerwartet endet.
Neben der thematischen Einordnung spielt auch die zeitliche Integration eine Rolle. Wird der Dienstleister bereits vor Beginn des von ihm zu unterstützenden Projektabschnitts oder Projekts involviert, kann dieser seine Vorbereitungen auf die Leistungserbringung effizienter gestalten und somit die Qualität seiner Dienstleistung erhöhen. Dies fängt bereits mit der Ausschreibung an: Frühzeitig an potenzielle Dienstleister kommuniziert, können diese ihre Bewerbungsunterlagen mit genügend Vorlaufzeit erstellen. Neben der Art und Weise sowie dem Umfang muss der Auftraggeber auch entscheiden, wann er dem Dienstleister benötigte Informationen zur Verfügung stellt. Dies kann beispielsweise unmittelbar nach Zuschlagserteilung erfolgen oder aber erst, wenn ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut ist. Umso später die vollumfängliche Informationsbereitstellung erfolgt, desto später kann der Dienstleister sein volles Potenzial für das Projekt ausschöpfen.
Gegenseite Feedbackkultur vs. Einseitige Kontrollinstanz
Bei einer gegenseitigen, wertschätzenden Feedbackkultur können beide Parteien, Auftraggeber und Dienstleister, die Zusammenarbeit verbessern und somit effizienter gestalten. Wichtig ist es hierbei, das Feedback konstruktiv zu formulieren und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Seitens des Auftraggebers sollte nicht das Denken „Als Kunde bin ich König und schließlich bezahle ich für die Leistung“ dominieren, wohingegen der Dienstleister nicht nur monetäre Aspekte in den Vordergrund stellen sollte. Ein wichtiger Teil der Feedbackkultur ist auch der Umgang mit Fehlern. Vor allem der Auftraggeber jongliert hier zwischen der Toleranz von Fehlern in Zusammenhang mit innovationsfördernder Risikobereitschaft und der Konsequenz von zu vielen Fehlern. Letztere mündet nicht selten in die Beendigung der Zusammenarbeit wegen mangelhafter Leistung. Auf der anderen Seite sollte Lob ein Teil der Feedbackkultur sein, da diese für beide Seiten motivationsfördernd ist.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Integration von Dienstleistern über mehrere Stellschrauben umgesetzt werden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Steuerungsaufwand eines Dienstleisters i.d.R. geringer ist, umso mehr er integriert ist. Auch wenn beim Onboarding des Dienstleisters eine umfangreiche Integration mehr Aufwand mit sich bringt, kann durch den langfristig geringeren Steuerungsaufwand ein Effizienzgewinn geschaffen werden.
Zudem spielen in Projekten der öffentlichen Hand Beistellungsleistungen des Auftraggebers eine hervorzuhebende Rolle. Ohne diese können externe Dienstleister nicht oder nur mit erhöhtem Aufwand tätig werden. Beistellungen können Zugang zu etwaigen Liegenschaften, Verfügbarkeit von (fachlichen) Ansprechpartnern, Prüfungs- und Mitwirkungsleistungen aber auch (technische, lokale) Infrastrukturen sein. Diese werden standardmäßig in Verträgen festgehalten und im Laufe der Projektumsetzung terminiert. Im Ein-Lieferanten-Modell erfolgt dies im Optimalfall einmalig vor Projektbeginn. Im Rahmen der Mehrlieferanten-Beschaffung skaliert der Aufwand für Bestimmung, Koordination und Umsetzung von Beistellungen mit der Anzahl der beteiligten Vertragspartner. Abstimmungen müssen bei komplexen Digitalisierungsprojekten in der Regel über alle Gewerke oder Dienstleistungen harmonisiert werden. In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein vorher grün gemeldetes Projekt dabei an den Rand der Verzögerung rutscht.
Praxistipp
Eine offene Feedbackkultur kann nicht verordnet werden. Daher sollte der Auftraggeber hier mit einem guten Beispiel vorangehen. Außerdem muss der Auftraggeber berücksichtigen, dass Dienstleister auch konstruktive Kritik zurückhalten können, weil sie ggf. die Zusammenarbeit nicht gefährden wollen. Aus diesem Grund sollte der Auftraggeber dem Dienstleister ein Umfeld schaffen, in dem offenes Feedback möglich ist. Dies kann beispielsweise organisatorisch durch ein zentrales Dienstleistermanagement geschaffen werden, welches als „neutrale“ Instanz Feedback der Dienstleister und Auftraggeber einholt.
In dem abschließenden Artikel dieser Artikelreihe werden wir die dargestellten Stellschrauben anhand eines Praxisbeispiels beispielhaft darstellen.